Aktuelles und Nachrichten aus der Perspektive der Mitarbeiterseite

Gute Gründe, dem Tarifkompromiss mehrheitlich zuzustimmen

Ein äußerst umfangreiches Verhandlungspaket stand bei der Sitzung der Regional-KODA am 28. Juni zur Abstimmung an. Auf insgesamt 36 Din-A-4 Seiten waren eine Vielzahl von Tarifbestimmungen zu einem Kompromiss zusammengestellt worden.

Die Größe des Paketes ergab sich aus dem Spruch des Vermittlungsausschusses vom 19. Mai. Der Vermittler hatte der Regional-KODA aufgetragen, sowohl den allgemeinen Tarifabschluss wie das Tarifpaket zum Sozial- und Erziehungsdienst anzunehmen, sich auf einen Zeitplan zur Erarbeitung neuer Tätigkeitsmerkmale für Leiterinnen bzw. Stellvertreterinnen in Kindertageseinrichtungen zu verständigen und das Sonderkündigungsrecht in KiTa’s zum 31. Juli zu vereinbaren. Schließlich hatte jedes einzelne KODA-Mitglied vor seinem Gewissen zu verantworten, ob er oder sie zu diesem Paket „ja“ oder „nein“ sagen konnte. Ein Aufschnüren einzelner Eckpunkte des Vermittlerspruches war nicht möglich und hätte dazu geführt, dass keinerlei Beschluss gefasst worden wäre mit dem Risiko des Verhandlungsabbruchs und des Tarifstillstands.

Einige Argumente im Einzelnen:

Der Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes mit all seinen Bestandteilen wurde 1:1 und ohne jede zeitliche Verzögerung übernommen.

  • Lineare Lohnsteigerungen und Einmalzahlung
  • Erhöhung des Leistungsentgelts
  • Erhöhung der Garantiebeträge bei Übernahme höherwertiger Tätigkeit
  • Wortgleiche Übernahme der Regelungen zur Altersteilzeit und zur flexiblen Altersteilzeit aus dem öffentlichen Dienst
  • Übernahme von Auszubildenden


Alle Neuregelungen aus dem Tarifvertrag für den Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) wurden übernommen.

  • Die neuen Tätigkeitsmerkmale und das höhere Entgelt treten für die KAVO rückwirkend zum 1. Januar 2010 in Kraft. Für die Monate November und Dezember 2009, in denen die entsprechenden Regelungen im öffentlichen Dienst bereits galten, wurde eine Einmalzahlung vereinbart.
  • Für große Tageseinrichtungen für Kinder mit mehr als 7 Gruppen ist erstmals ein Tätigkeitsmerkmal eingearbeitet worden: Einführung der Entgeltgruppe S 17 (Leiterin einer Einrichtung mit mehr als 180 Plätzen bzw. 8 oder mehr Gruppen).
  • Im Bereich der Jugendbildung bestand die Gefahr, dass die bisherigen Regelungen der KAVO für Leiter/innen von Offenen Türen, Dekanatsjugendbeauftragte etc. besser sein könnten als die Bestimmungen aus SuE. Vereinbart wurde, dass dieser Bereich kurzfristig in der Regional-KODA überarbeitet und bei der Dezember-Sitzung zur Abstimmung gestellt wird. Sofern jemand nach SuE seit November 2009 besser gestellt sein sollte, besteht seitenübrgreifendes Einvernehmen, dies rückwirkend durch eine Einmalzahlung zu kompensiert.

Nach Gruppenzahl oder nach Platzzahl?

Die Mitarbeiterseite hat nachdrücklich und über Monate vorgetragen, dass sie das Paradigma nach Gruppenzahlen für sachgerecht hält. Die Dienstgeber haben argumentiert: Wer sich am öffentlichen Dienst orientiert, darf sich nicht einzelne „Rosinen (bzw. Besserstellungen) herauspicken“, sondern müsse dann auch die für ihn problematischeren Regelungen aus dem öffentlichen Dienst akzeptieren.

Der Vermittler stellte zwischenzeitlich klar, dass es hervorragende Argumente für beide Paradigmen gebe, dass aber ein Kompromiss zwischen beiden unmöglich sei. Außerdem habe sich die Landschaft der Kindertageseinrichtungen nachhaltig verändert: Bei den großen Trägerstrukturen in mehreren nordrhein-westfälischen Bistümern gibt es jetzt bereits Leiterinnen, die für mehrere KiTa’s verantwortlich sind („Verbundleitung“). In den Einzeleinrichtungen arbeiten dann Kolleginnen als „Ansprechpartnerinnen“, die im Alltagsgeschäft viel an Leitungsaufgaben übernehmen, den Eltern Rede und Antwort stehen, Dienstpläne erarbeiten etc., aber für ihr Leitungshandeln keinen Cent an Lohn sehen, sondern ihr Gehalt als Erzieherin ohne jede Zulage erhalten. Derzeit erhalten sie auch nicht eine Vergütung als „ständige Stellvertreterin“.

Hier hat der Vermittlungsausschuss dringenden Handlungsbedarf benannt. Neue Tätigkeitsmerkmale für Leiterinnen und Stellvertreterinnen sollen 2011 beschlossen werden und zum 1. Januar 2012 in Kraft treten. Dabei kann auch der besonderen religionspädagogischen Verantwortung katholischer Einrichtungen, die unsere Einrichtungen von denen anderer Träger unterscheiden, tarifpolitisch Ausdruck und Anerkennung verliehen werden.

Für die Jahre 2010 und 2011 werden Leiterinnen weiterhin nach dem Gruppenprinzip vergütet. Danach greifen Überleitungsvorschriften, sodass viele noch Jahre später finanzielle Vorteile aus dieser Regelung ziehen können gegenüber Kolleginnen, die in kommunaler Trägerschaft beschäftigt sind.

Der besonderer Kündigungstermin für den Erzeihungsdienst zum 31. Juli war für die Mitarbeiterseite eine „dicke Kröte“ und machte die Zustimmung zum Gesamtpaket schwierig. Andererseits zeigt die Praxis, dass viele Träger schon heute befristete Verträge zum Ende des Kindergartenjahres anbieten und abschließen können, sodass der Schaden des Sonderkündigungsrechts begrenzt bleibt. Aktuell werden qualifizierte Fachkräfte im Erziehungsbereich gesucht; so gibt es Grund zur Hoffnung, dass Kolleginnen zum 1. August einen Anschlussvertrag bei einem andern Träger erhalten, auch wenn ihnen zum 31. Juli eines Jahres betriebsbedingt gekündigt werden sollte.

Zudem hat die Mitarbeiterseite in der Sitzung zu Protokoll gegeben, dass man diese Vorschrift für nicht durch § 622, Abs. 4 BGB gedeckt und mittelbar frauendiskriminierend ansieht. In diesem Sinne hält sie eine Korrektur durch die Arbeitsgerichte in der Zukunft für wahrscheinlich.

Tarifgeschäft ist das Ausloten von Kompromissen

Natürlich kann sich die Mitarbeiterseite nicht als strahlender Sieger nach den Tarifauseinandersetzungen der letzten Monate fühlen. Wir haben darum gekämpft, das Gruppenprinzip langfristig als Eingruppierungsmerkmal fortzuschreiben. Dies konnten wir nicht durchsetzen. - Für die Dienstgeber waren die Überleitungsbestimmungen teuer und schwer akzeptabel.

Die Mitabeiterseite lässt sich durchaus (sachliche) Kritik an den Ergebnissen ihres Verhandlungsgeschicks gefallen. Auch mit dem Abstand einiger Tage war dies das Maximum, das am 28. Juni verabschiedet werden konnte.

Ein Scheitern dieses Verhandlungspaketes hätte bedeutet, dass niemand eine Lohnerhöhung etc. erhalten hätte, dass also alle KAVO-Beschäftigten "in Geiselhaft" genommen wären. Ob Monate später ein "besserer" Abschluss hätte erzielt werden können, ist Spekulation. Zu den Realitäten des Dritten Weges gehört es, dass es keinen Streik oder andere Arbeitskampfmaßnahmen gibt. Tarifabschlüsse sind allein durchsetzbar mit der Kraft guter Argumente und entsprechender Sachkenntnis.

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